Zentrale Koordination COVID-19 Patienten

 

Die erschreckenden Szenen, die sich im Januar 2020 in den Krankenhäusern der chinesischen Provinz Wuhan abspielten, wiederholten sich gut vier Wochen danach im italienischen Bergamo und wenig später im Elsass, um sich dann zum Höhepunkt in New York zu zeigen: Vor Erschöpfung zusammenbrechendes Pflegepersonal und in den Klinik-Hinterhöfen abgestellte Sattelauflieger, in denen Hunderte von verstorbenen Opfern der COVID-19-Pandemie gekühlt werden mussten. Viele dieser Szenarien hätte es nicht geben müssen, da die Pandemie keinesfalls die stationären Kapazitäten ganzer Staaten überforderte, sondern vor allem ein regionales Phänomen war. Die wiederkehrenden Bilder der Corona-Hotspots auf verschiedenen Kontinenten sorgten in Sachsen für einen Motivationsschub: Solche Bilder sollten weder von Dresden noch von Chemnitz oder Leipzig aus um die Welt gehen.

Um bei solchen Situationen zu verhindern, dass einzelne Krankenhäuser überlastet werden und deshalb ihre Patienten nicht mehr adäquat versorgen können, entwarf das Dresdner Universitätsklinikum ein Konzept zur zentralen Steuerung von Bettenkapazitäten für SARS-CoV-2 Patienten. Basis dafür ist neben der langjährigen Expertise der fachübergreifenden Zusammenarbeit die seit vielen Jahren bestehende Netzwerkarbeit mit den Krankenhäusern der Region, den Integrierten Regionalleitstellen Dresden/Ostsachsen und den Rettungsdiensten.

Am 20. März 2020 gab die sächsische Staatskanzlei grünes Licht für den Vorschlag des Uniklinikums: Die Vergabe der Krankenhausbetten für Patienten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion oder deutlichen Anzeichen dafür, wird in den drei Regionen Nordsachsen (Leipzig), Westsachsen (Chemnitz) sowie dem Großraum Dresden mit Ostsachsen jeweils zentralisiert. In knapp vier Tagen gelang es dem Dresdner Uniklinikum, im Auftrag des Freistaats Sachsen die „Zentrale Krankenhausleitstelle Corona Dresden / Ostsachsen“ zu etablieren und den Betrieb aufzunehmen. Sie arbeitet mit allen 36 Krankenhäusern der Region sowie acht Rehakliniken und 5 Rettungsdienstbereichen zusammen, die dafür insgesamt rund 6.500 Betten – darunter 288 Intensivbetten – gemeldet haben. Seit dem 24.03.20 hat die Leitstelle über 950 Rettungsdiensteinsätze disponiert, über 1300 Anfragen beantwortet und 66 medizinische Fachberatungen vermittelt (Stand 30.5.20). Weiterhin organisierte die Leitstelle die Übernahme und Verteilung der italienischen und französischen Patienten im Rahmen der Europäischen Hilfe für Dresden/Ostsachsen und verteilte zentrale Materialbeschaffungen des Bundes und Landes transparent an die 36 Kliniken.

Auch die zwei integrierten Regionalleitstellen Dresden und Ostsachsen sowie alle Ärztlichen Leiter der Rettungsdienste sind komplett in das zentrale Vergabesystem eingebettet. 

Die Leitstelle sorgt dafür, dass schwer erkrankte Patienten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion oder entsprechenden Anzeichen stationär versorgt werden. Dieses konzertierte Vorgehen stellt sicher, dass die Patienten in das Krankenhaus eingeliefert werden, welches sie am besten behandeln kann. Zudem lassen sich auf diese Weise Überbelegungen einzelner Kliniken vermeiden. Die Leitstelle hat von Anfang an die hohen Erwartungen erfüllen können. Deshalb sind sich die teilnehmenden Krankenhäuser bereits nach drei Monaten einig den Betrieb zu verstetigen und nach Abebben der Pandemie fortzuführen, um punktuell auftretende Überbelegungen einzelner Kliniken – etwa in der Grippesaison – zu vermeiden.

Zum Start der Zentralen Krankenhausleitstelle haben sich neben Ärzten und Fachkrankenpflegern zwölf Medizinstudierende als freiwillige Helfer gemeldet, die zeitnah geschult wurden. Als Hintergrunddienst stehen dieser Einrichtung jeweils ein interdisziplinäres, aus intensivmedizinisch erfahrenen Oberärzten und Infektiologen bestehendes Spezialistenteam rund um die Uhr zur Verfügung. Sie übernehmen Entscheidungen bei schwer zu klärenden Fällen und stehen Kliniken beratend zur Seite. Neben der IT-Infrastruktur gehört zur Leitstelle ein umfangreicher Leitfaden sowie ein Set an Formularen, um die Kapazitäten aller Krankenhäuser zu erfassen und die dort jeweils behandelten COVID-19-Patienten zu registrieren. 

Im ersten Schritt melden die Notärzte beziehungsweise die Besatzungen der Rettungswagen jeden schwer erkrankten Patienten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion oder deutlichen Anzeichen dafür in der Krankenhausleitstelle an. Die Disponenten ermitteln das nächstgelegene geeignete Krankenhaus und fragen nach Abgleich der zweimal täglich aktualisierten Belegungslisten die in Frage kommenden Kliniken an. Die Zentrale Krankenhausleitstelle versteht sich zudem als Partner bei der weitergehenden Versorgung der Patienten. Dazu gehört auch die Unterstützung in den Situationen, in denen sich innerhalb kürzester Zeit der Zustand mehrerer Patienten in einem Krankenhaus so stark verschlechtert, dass die Zahl der dortigen Intensivbetten nicht mehr ausreicht. Dann sucht die Krankenhausleitstelle nach freien Betten innerhalb der Region, um weiterhin eine optimale medizinische Behandlung der Patienten sicherzustellen. 

 
 
Konzeption & Ausführung: kenHub